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Krank im Job – Prävention / Sanktion / Eskalation

Viele Arbeitgeber ärgern sich über einen zu hohen Krankenstand in ihrem Unternehmen. Die Anwälte werden dann häufig mit der Frage konfrontiert, ob und wie man sich von einen Mitar-beiter, der große Ausfallzeiten hat, trennen kann. Weniger oder gar nicht befassen sich Arbeit-geber mit der Frage, warum es zu hohen Ausfallzeiten gekommen ist. Der nachfolgende Beitrag beschäftigt sich deshalb nicht nur mit der arbeitsrechtlichen Fragestellungen, sondern eingangs auch mit der „Ursachenforschung“. 

Teil 1: Prävention 

I. Betriebliche Gesundheitsvorsorge 

Fehlzeiten können betriebliche oder außerbetriebliche Gründe haben. Die betrieblichen Gründe können vielseitig sein. Sie können wiederum unterteilt werden in Gründe, die im Gesamtunternehmen, in der Abteilung/Team und am Arbeitsplatz zu suchen sind. 

1. Gesamtunternehmen 

Tatsächlich darf nicht unterschätzt werden, dass Mitarbeiter* oftmals deshalb erkranken, weil sie sich mit der Unternehmensphilosophie und -kultur nicht identifizieren. Es mag sein, dass der Mitarbeiter bei Antritt des Arbeitsverhältnisses voll hinter dem Unternehmen stand, sich jedoch das Unternehmen – beispielsweise durch Übernahme eines Investors – anders entwickelt hat. In einem solchen Fall müssen Arbeitgeber und Mitarbeiter das Gespräch suchen mit dem Ziel, eine einvernehmliche Lösung für eine Beendigung zu finden. Das Unternehmen selbst wird nicht seine Unternehmensphilosophie ändern. 

*Die Bezeichnung Mitarbeiter ist keine Diskriminierung des weiblichen Geschlechts, sondern dient lediglich der vereinfachten Darstellung. 

Auch die wirtschaftliche Gesamtsituation können Gründe sein, die den Mitarbeiter „krank machen“. Weitere mögliche Ursachen von Fehlzeiten können in der Betriebsgröße liegen, in den Rahmenbedingungen, in den Entgeltsystemen, in der Personalstruktur, in der Stellung des Mitarbeiters im Unternehmen etc. Hier müssen im Unternehmen Präventivmaßnahmen ergriffen werden, um solche Situationen zu erkennen. Es empfiehlt sich deshalb, regelmäßige Personalgespräche zu führen und gezielt Mitarbeiter, bei denen solche Anzeichen vorhanden sind, da-rauf anzusprechen. 

2. Abteilung/Team 

Gründe für krankheitsbedingte Fehlzeiten können der Führungsstil des Unternehmens sein, das Arbeitsklima, die Betriebs-/Abteilungszugehörigkeit, die fehlende Motivation, die nicht entgegengebrachte Wertschätzung etc. und im schlimmsten Fall das Mobbing. Auch hier gilt es, die Zeichen zu erkennen und unbedingt mit dem Mitarbeiter Gespräche zu führen. 

3. Arbeitsplatz 

Die Arbeitsplatzgestaltung, die Ergonomie, die Arbeitsbedingungen, die Arbeitszeiten, die Art der Tätigkeit, die Inhalte/Aufgaben, eine Unter-/Überforderung, die Kompetenzen, die Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen etc. sind ebenfalls wichtige Kriterien, die zu krankheitsbedingten Fehlzeiten führen können. 

Letztendlich sollten Arbeitgeber sich nicht darauf beschränken, Maßnahmen zu ergreifen, wenn „das Kind schon in den Brunnen gefallen ist“, sondern vorzeitig präventiv tätig werden. Beispielsweise kann auch eine Vertrauensperson im Unternehmen bestimmt werden, an die sich Mitarbeiter wenden können. 

II. Außerbetriebliche Gründe 

Ebenso spielen außerbetriebliche Gründe eine Rolle im Zusammenhang mit krankheitsbedingten Fehlzeiten. Dazu gehören das Alter, das Geschlecht, der Familienstand, die Konstitution, das private Umfeld, Fahrzeiten, die Freizeitgestaltung, die Qualifikation des Mitarbeiters etc. Im Zusammenhang mit Fahrzeiten sollten die Arbeitgeber über flexible Arbeitszeiten nachdenken. Die Stellung im Betrieb und das damit verbundene Ansehen des Mitarbeiters sind wichtig. Auch hierüber sollten Gespräche geführt werden. Hinsichtlich der Qualifikation bietet es sich an, Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen den Mitarbeitern zu ermöglichen. Auch das private Umfeld und Probleme im privaten Bereich können zu Fehlzeiten führen. Arbeitgeber sollten deshalb über ihren Schatten springen und sich auch für das private Umfeld ihrer Mitarbeiter interessieren und gegebenenfalls Hilfestellungen anbieten. 

III. Gesundheitsförderung 

Arbeitgeber müssen ein Interesse daran haben, die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu fördern, um Fehlzeiten zu verhindern. Alle Maßnahmen zur Gesundheitsförderung sind freiwillige Maßnahmen, zahlen sich jedoch auf lange Sicht aus. Beispielhaft seien folgende Punkte genannt: 

Firmenkarten für das Fitnessstudio, regelmäßige Obsttage, Massagen im Betrieb, jährlicher medizinischer Check auf Kosten des Arbeitgebers, Krankengespräche/Rückkehrgespräche außerhalb des sogenannten betrieblichen Eingliederungsmanagements. Letztendlich sollten Unternehmen die Möglichkeit einer Mediation nutzen. 

IV. Anwesenheitsprämie 

Anwesenheitsprämien sollen nicht unerwähnt bleiben, obwohl der Verfasser nicht viel davon hält. Es besteht die gesetzliche Möglichkeit, einmalige Anwesenheitsprämien zu zahlen. Zu beachten ist jedoch § 4 a Entgeltfortzahlungsgesetz im Falle der Krankheit. Der Arbeitgeber kann nur maximal für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit ¼ des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, kürzen. Keine Kürzungsmöglichkeit besteht während der Mutterschutzfrist, anders jedoch bei Elternzeit, Pflegezeit und unbezahltem Sonderurlaub. Selbstverständlich, kann eine einmalige Anwesenheitsprämie bei unberechtigten Fehlzeiten gekürzt werden. 

Zu Bedenken ist jedoch, dass Anwesenheitsprämien letztendlich keine adäquate Gegenleistung für eine Arbeitsleistung darstellen, sondern lediglich – wie der Name schon sagt – die Anwesenheit belohnt werden soll, was nicht immer auf Verständnis aller Mitarbeiter stößt. Erfahrungsgemäß können auch mit Anwesenheitsprämien Fehlzeiten nicht unbedingt reduziert werden. Es hat sich gezeigt, dass trotz Anwesenheitsprämie diejenigen Mitarbeiter weiterhin fehlen, die auch in der Vergangenheit durch häufige Fehlzeiten aufgefallen sind und diejenigen Mitarbeiter, die wenig oder gar keine Fehlzeiten haben ihr Verhalten sowieso nicht ändern müssen. 

V. BEM – Betriebliches Eingliederungsmanagement 

Das sogenannte Betriebliche Eingliederungsmanagement ist für alle Arbeitgeber verbindlich und vom Gesetzgeber vorgeschrieben. Es soll krankheitsbedingte Kündigungen verhindern und den Erhalt des Arbeitsplatzes sichern. Die Verpflichtung trifft alle Arbeitgeber und gilt nicht nur gegenüber schwerbehinderten Mitarbeitern. Leider führen Unkenntnis bezüglich des Sinn und Zwecks des BEM dazu, dass das gesetzgeberische Ziel in der Praxis häufig nicht erreicht wird. Viele Mitarbeiter scheuen sich, an einem BEM teilzunehmen, weil sie befürchten, dem Arbeitgeber Argumente zu liefern, die eine krankheitsbedingte Kündigung erleichtern. Dabei wird verkannt, dass das BEM gerade nicht zur Vorbereitung einer krankheitsbedingten Kündigung dient. Damit erfolgreich ein BEM durchgeführt wird, bedarf es deshalb einer zwingenden Aufklärung im Unternehmen. Jeder Arbeitgeber tut deshalb gut daran, Aufklärungsarbeit zu leisten, beispielsweise durch einen gut geschulten internen BEM-Beauftragten. 

Im Rahmen des BEM soll geprüft werden, welche Maßnahmen einvernehmlich ergriffen werden können, um den Arbeitsplatz des erkrankten Mitarbeiters zu erhalten. Zu den Vorkehrungen/Maßnahmen gehören unter anderem die Veränderung der Arbeitsaufgabe, die Veränderung der Arbeitsbedingungen (nicht durch Freikündigen) und die Schaffung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes. Sofern ein Betriebsrat vorhanden ist, muss dieser hinzugezogen werden, ebenso bei Vorhandensein der Betriebsarzt. Bei Schwerbehinderten ist zwingend die Schwerbehindertenvertretung und das Integrationsamt zu beteiligen. Einen konkreten Maßnahmenkatalog kennt das Gesetz nicht. Zu klären ist, welche gesundheitlichen Einschränkungen zu den krankheitsbedingten Ausfallzeiten führten und die Prüfung der Möglichkeiten, sie zukünftig zu verringern, um Kündigungen zu vermeiden. 

Ist ein Mitarbeiter länger als sechs Wochen innerhalb eines Jahres krank, muss das BEM durchgeführt werden. Entscheidend ist nicht das Kalenderjahr, sondern der Zeitraum von 12 Mona-ten. Das BEM ist für den Mitarbeiter freiwillig, aber notwendige Verfahrensvoraussetzung. Stimmt der Mitarbeiter nicht zu, hat der Arbeitgeber seine Verpflichtung mit der Aufforderung zur Zustimmung erfüllt. 

Der Arbeitgeber muss den betroffenen Mitarbeiter auf die Ziele des BEM sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinweisen. Er muss darauf hinweisen, dass es ein freiwilliges Verfahren ist. Weiterhin bedarf es des Hinweises, welche Personen beteiligt werden, dass nur bestimmte Personen, nämlich die am BEM beteiligten Personen, Zugang zu den Daten haben und dass die Daten getrennt von den übrigen Personaldaten aufbewahrt werden. Leider ist auch der Hinweis des Arbeitgebers erforderlich, dass im Weigerungsfall die Kündigung droht. Dieser nach der Rechtsprechung erforderliche Hinweis des Arbeitgebers kann kontraproduktiv sein, weil dieser Hinweis Nährboden für die Befürchtung des Mitarbeiters ist, dass das BEM eine Kündigung vorbereiten soll. Umso wichtiger ist es, im Vorfeld Aufklärungsarbeit zu leisten. 

Im Rahmen des BEM darf keine vernünftigerweise in Betracht zu ziehende Anpassungs- und Änderungsmöglichkeit ausgeschlossen werden. Empfehlenswert ist auf jeden Fall die Protokollierung des Verfahrens. Jedem der Beteiligten sollte das Protokoll zur Freigabe vorlegt werden. 

Neben der Einwilligung des Mitarbeiters zum BEM ist eine gesonderte Einwilligung des Mitarbeiters zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der erforderlichen Gesundheitsdaten (personenbezogene Daten im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes) erforderlich. 

Bei positivem Ergebnis des BEM ist der Arbeitgeber verpflichtet, die empfohlene/n Maß-nahme/n umzusetzen. 

Kommt das BEM zu keinem oder einem negativen Ergebnis, kann krankheitsbedingt gekündigt werden, sofern die übrigen Voraussetzungen (dazu später) für eine krankheitsbedingte Kündigung vorliegen. Unterlässt der Arbeitgeber pflichtwidrig das BEM, führt das zwar nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, hat aber Folgen für die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen einer Kündigungsschutzklage. Der Arbeitgeber ist dann nämlich mit Einwendungen ausgeschlossen, die im Rahmen des BEM hätten geklärt werden können, beispielsweise alternative Beschäftigungsmöglichkeiten oder Einsatzmöglichkeiten seien ihm nicht bekannt. 

Teil 2 Sanktion 

Einleitung 

Natürlich kann kein Mitarbeiter wegen seiner Krankheit abgemahnt werden. In der Regel ist seine Krankheit unverschuldet und schon aus diesem Grund ist eine Abmahnung ausgeschlossen. Abmahnfähig ist nämlich nur eine schuldhafte Verletzung gegen arbeitsvertragliche Pflichten (Vortäuschen und/oder Androhung einer Arbeitsunfähigkeit). 

I. Anzeigepflicht des Mitarbeiters 

Sofern ein Mitarbeiter krankheitsbedingt nicht zur Arbeit erscheinen kann, ist er verpflichtet, unverzüglich vor Arbeitsbeginn dies dem Arbeitgeber mitzuteilen. Auch die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ist mitteilungspflichtig, sobald der Mitarbeiter diesbezüglich Kenntnis hat. Dies bedeutet, dass der Mitarbeiter nach einem Arztbesuch nochmals seinen Arbeitgeber darüber 

informieren muss, für welchen Zeitraum der Arzt ihn krankgeschrieben hat. Handelt es sich um eine Fortsetzungserkrankung, muss auch dies dem Arbeitgeber mitgeteilt werden. 

Die Anzeigepflicht gilt auch dann, wenn der Zeitraum der Entgeltfortzahlung überschritten ist und auch, wenn der Arbeitgeber anderweitig Kenntnis von der Arbeitsunfähigkeit hat. Hinsichtlich der Form der Anzeige gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Es empfiehlt sich deshalb im Unternehmen klare Regeln aufzustellen, wie eine Anzeige zu erfolgen hat (per Mail, per WhatsApp, telefonisch, etc.). Auch sollte klargestellt werden, wem gegenüber die Anzeige erfolgen muss. Grundsätzlich ist es der unmittelbare disziplinarische oder fachliche Vorgesetzte. Nicht ausreichend ist – auch ohne klare Regeln im Unternehmen – die Mitteilung an Arbeitskollegen, Pförtner, Betriebsratsmitglieder, etc. 

Verletzt der Mitarbeiter seine Anzeigepflicht, ist dies abmahnfähig. 

II. Nachweispflicht 

Neben der Anzeigepflicht hat jeder Mitarbeiter seinem Arbeitgeber nachzuweisen, dass er arbeitsunfähig ist. Dies geschieht durch Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Diese muss ausgestellt sein von einem approbierten Arzt, muss die Unterschrift des Arztes enthalten, den Beginn der Arbeitsunfähigkeit, die Angaben über die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit und sie muss datiert sein. Die gleichen Voraussetzungen gelten auch für ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. 

Unzulässig ist grundsätzlich eine rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Ausnahmen sind möglich, aber nur bis zu zwei Tagen rückwirkend (Nummer 15 der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien der Ärzte und Krankenkassen). Folgebescheinigungen unterliegen den gleichen Vo-raussetzungen wie die Erstbescheinigung. Bei Abschluss von Aufhebungs- und/oder Abwicklungsverträgen sollte darauf geachtet werden, dass im Rahmen einer vereinbarten Freistellung die Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ebenfalls vereinbart wird. Sofern nichts anderes vereinbart ist (im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im geltenden Tarifvertrag) muss die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung spätestens an dem auf den dritten Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit folgenden Arbeitstag vorliegen. 

Verletzt der Mitarbeiter die Nachweispflicht, kann dies ebenfalls abgemahnt werden. 

Häufig wird von einer anderen Sanktionsmöglichkeit kein Gebrauch gemacht. Der Arbeitgeber kann selbstverständlich auch seine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Mitarbeiter, also Zahlung des Gehalts, so lange einstellen, bis eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt. 

Unter der Voraussetzung, dass Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung berechtigte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit zulassen, kann der Arbeitgeber auch eine Kontrolluntersuchung durch den Medizinischen Dienst verlangen. Berechtigte Zweifel können bestehen, auf-grund auffällig häufiger Kurzerkrankungen, Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig an einem Arbeitstag am Beginn oder Ende einer Woche, die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auffällig geworden ist etc. Die Krankenkasse kann eine Kontrolluntersuchung nur ab-lehnen, wenn ihr Unterlagen vorliegen, wonach die Krankheitsbedingtheit der Arbeitsunfähig-keit eindeutig anzunehmen ist. 

Anmerkung: Grundsätzlich sollte eine Abmahnung nur in Erwägung gezogen werden, wenn der Arbeitgeber bei einem erneuten Verstoß des Mitarbeiters tatsächlich kündigen will. Jeder Arbeitgeber muss wissen, dass die Abmahnung die schärfste Sanktion vor der Kündigung ist, mit der Folge, dass nicht leichtfertig mit Abmahnungen umzugehen ist.

III. Entgeltfortzahlung 

Erst nach vier Wochen ununterbrochen bestehendem Arbeitsverhältnis besteht eine Entgeltfort-zahlungspflicht. Voraussetzung ist, dass die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache der Arbeitsverhinderung ist. Eine auf Schwangerschaft beruhende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit und ein ärztliches Beschäftigungsverbot schließen sich aus. Entweder besteht für sechs Wochen der Entgeltfortzahlungsanspruch oder ein nicht auf sechs Wochen beschränkter Anspruch auf Mutterschutzlohn. 

Ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht nur, wenn dem Mitarbeiter kein Verschulden bezüglich seiner Arbeitsunfähigkeit vorzuwerfen ist. Verschulden heißt in diesem Fall ein grobes Verschulden gegen sich selbst. Ein solches Verschulden liegt vor, wenn der Mitarbeiter in besonders grober Weise und leichtsinnig gegen Vorschriften und/oder Empfehlungen verstoßen oder bei Sportunfällen die anerkannten Regeln der jeweiligen Sportart missachtet hat. Beispielhaft und nicht abschließend seien genannt: Verkehrsunfall aufgrund alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit, nicht Anlegen des Sicherheitsgurtes, Abbruch von Reha-Maßnahmen, Missachtung ärztlicher Verordnungen und grob fahrlässige Verletzung von Unfallverhütungsvorschriften. 

Der Entgeltfortzahlungsanspruch ist beschränkt auf höchstens 42 Kalendertage. Dies gilt auch bei nicht zusammenhängenden krankheitsbedingten Fehlzeiten, sogenannte Fortsetzungserkrankungen, also Fehlzeiten, die auf ein und derselben Krankheit beruhen. Eine Fortsetzungserkrankung liegt immer vor, wenn die Krankheit zwischen dem Ende der vorherigen AU, die auf diese Krankheit zurückzuführen war und der erneuten Arbeitsunfähigkeit nicht vollständig ausgeheilt war, sondern als Grundleiden fortbesteht. Dann besteht innerhalb von zwölf Mona-ten ein Entgeltfortzahlungsanspruch für insgesamt 42 Kalendertage. 

Mehrere aufeinander folgende voneinander unabhängige Krankheiten lösen grundsätzlich jeweils den vollen Anspruch auf Entgeltfortzahlung aus. 

Ausnahmsweise besteht auch eine über 42 Kalendertage hinausgehende Entgeltfortzahlungspflicht, nämlich dann, wenn der Mitarbeiter infolge derselben Krankheit sechs Monate nicht arbeitsunfähig krank war oder seit dem Beginn der ersten AU eine Frist von zwölf Monaten verstrichen ist. 

Ausnahmsweise ist bei zwei voneinander unabhängigen Krankheiten die Entgeltfortzahlung auf 42 Tage beschränkt, wenn diese beiden Krankheiten sich überschneiden. Eine Entgeltfortzahlung ist nämlich nur dann zwingend, wenn die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung in dem Zeitpunkt beendet war, in dem die Weitererkrankung zu einer erneuten Arbeitsverhinderung führt. Dies setzt voraus, dass der Mitarbeiter für einen kurzen Zeitraum – und wenn es nur für Minuten ist – arbeitsfähig war oder auch tatsächlich zwischen den Krankheiten gearbeitet hat. Es empfiehlt sich deshalb, aussagekräftige Atteste der Ärzte anzufordern. Die Beweispflicht der Arbeitsfähigkeit liegt beim Mitarbeiter. Der Arbeitgeber andererseits muss jedoch Indizien haben, dass die beiden voneinander unabhängigen Krankheiten sich überschnitten haben. Der Arbeitgeber ist deshalb angewiesen auf Hinweise der Kollegen oder dementsprechende Atteste der Ärzte. 

Der Entgeltfortzahlungsanspruch ist beschränkt auf das regelmäßig zu zahlende Arbeitsentgelt, also unregelmäßige Überstunden sind nicht zu berücksichtigen. Feiertags- und Sonntagszuschläge zählen zum fortzuzahlenden Entgelt. Bei leistungsbezogener Vergütung (Provision) ist von dem in dem Erkrankungszeitraum erzielbaren Durchschnittsverdienst auszugehen. 

Teil 3: Eskalation 

I. Allgemeines 

Auch die krankheitsbedingte Kündigung wie jede andere Kündigung ist nie ein Sanktionsinstrument für vergangenheitsbezogene Umstände, sondern immer eine Prognoseentscheidung, die es rechtfertigt, anzunehmen, dass es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten ist, an dem Arbeitsverhältnis festzuhalten. Bei der krankheitsbedingten Kündigung ist eine sogenannte Fehlzeiten-Prognose erforderlich. Entscheidend sind – wie bei jeder Kündigung –immer die objektiven Verhältnisse im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung; sie sind maßgebliche Beurteilungsgrundlage für die zukünftige Entwicklung und damit für die soziale Rechtfertigung der krank-heitsbedingten Kündigung. Die Erkrankung als solche ist kein Kündigungsgrund. 

Auch die krankheitsbedingte Kündigung ist immer unwirksam, sofern alternative Beschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen bestehen, die einen zukünftigen störungsfreien Verlauf des Arbeitsverhältnisses möglich erscheinen lassen. 

Die krankheitsbedingte Kündigung ist die häufigste Form der sogenannten personenbedingten Kündigung. Möglich ist eine krankheitsbedingte Kündigung wegen 

  • häufiger Kurzerkrankungen 
  • langanhaltender oder dauernde Erkrankung 
  • wegen krankheitsbedingter Minderung der Leistungsfähigkeit. 

Bei allen drei Arten der krankheitsbedingten Kündigung wendet das Bundesarbeitsgericht (BAG) ein 3-stufiges Prüfungsschema an. 

Im Rahmen der ersten Stufe wird immer die sogenannte negative Gesundheitsprognose geprüft. Dies bedeutet, dass sich der Krankheitszustand negativ auf die vertraglich zu erbringende Arbeitsleistung auswirken muss und zu erwarten ist, dass sich dies in absehbarer Zeit nicht ändern wird. In diesem Zusammenhang nochmals der Hinweis, dass entscheidend der objektive Gesundheitszustand bei Zugang der Kündigung ist, danach eintretende Entwicklung des Gesundheitszustandes kann nicht mehr zur Bestätigung oder Korrektur der Zukunftsprognose herangezogen werden. Selbstverständlich setzt die Zukunftsprognose prognosefähige Erkrankungen voraus, deshalb sind beispielsweise ausgeheilte Knochenbrüche, Zerrung o. ä. Erkrankungen nicht geeignet. Der Arbeitgeber ist aber auch nicht verpflichtet, Nachforschungen über den Gesundheitszustand des Mitarbeiters anzustellen. Für die Prognose ist nicht entscheidend der Kenntnisstand des Arbeitgebers, sondern der objektive Zustand bei Zugang der Kündigung. Außergerichtlich ist der Mitarbeiter nicht verpflichtet, Auskunft über seinen Zustand zu erteilen, er muss jedoch im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbinden. Tut er dies nicht und sprechen Indizien für eine negative Prognose, verliert er den Prozess. 

Im Rahmen der zweiten Stufe prüft das BAG, ob infolge der prognostizierten Fehlzeiten mit einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen zu rechnen ist. Hierbei kommen in Betracht: 

  • Betriebsablaufstörungen (Störung der Arbeitsabläufe, Produktionsausfall)
  • Verlust von Kundenaufträgen
  • Nicht beschaffbares Ersatzpersonal 
  • außergewöhnlich hohe Kosten der Entgeltfortzahlung (nicht ausreichend ist die Entgeltfortzahlung von sechs Wochen) 

Im Rahmen der dritten Stufe findet immer eine Interessenabwägung statt. Gerade bei der krankheitsbedingten Kündigung kommt der Interessenabwägung besonderes Gewicht zu. Es wird durch die Gerichte geprüft, ob die Beeinträchtigungen der betrieblichen Interessen im Einzelfall für den Arbeitgeber noch hinzunehmen sind oder ein solches Ausmaß erreicht haben, dass sie ihm nicht mehr zugemutet werden können. 

Hierbei ist zu berücksichtigen, 

  • ob die Erkrankung auf betrieblichen Ursachen zurückzuführen ist 
  • die Dauer des Arbeitsverhältnisses 
  • der Verlauf des bisherigen Arbeitsverhältnisses 
  • die Personalreserve des Arbeitgebers 
  • die sozialen Daten des Mitarbeiters (Alter, Familienstand, Unterhaltspflichten) 
  • die Schwerbehinderung des Mitarbeiters 

Sofern ein Betriebsrat existiert, sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten; dieser ist über alle drei Prüfungsstufen zu informieren. 

1. Langandauernde Krankheit 

Zwingende Voraussetzung bei einer Kündigung wegen einer langandauernden Krankheit ist, dass die Arbeitsunfähigkeit bei der Kündigung noch andauert. Es gibt keine feste Größe, welche Krankheit zeitnah eine negative Prognose rechtfertig. Feststeht aber, dass Fehlzeiten unter sechs Wochen auf gar keinen Fall ausreichen. Eine negative Gesundheitsprognose liegt vor, wenn feststeht, dass in den nächsten 24 Monaten nicht mehr mit einer positiven Prognose zu rechnen ist. In diesem Fall unterstellt auch die Rechtsprechung die erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen. Es gilt jedoch immer, dass kein anderer leidensgerechter Arbeitsplatz zur Verfügung stehen darf. 

Betriebsablaufstörungen sind immer ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber nicht versucht hat, sie durch alle denkbaren Überbrückungsmaßnahmen zu vermeiden. Solche Überbrückungsmaßnahmen können sein: 

  • Änderung von Dienstplänen 
  • Überstunden 
  • befristete oder auch unbefristete Einstellung von Ersatzkräften 

2. Häufige Kurzerkrankung 

Bei häufigen Kurzerkrankungen wird im Rahmen der negativen Zukunftsprognose geprüft, ob im Zeitpunkt der Kündigung objektive Tatsachen vorliegen, die die ernste Besorgnis auch in Zukunft auftretender weiterer (Kurz-)Erkrankungen des Mitarbeiters in erheblichem Umfang rechtfertigen. Grundsätzlich besteht eine Indizwirkung für die Zukunft bei häufig auftretenden Kurzerkrankungen in der Vergangenheit. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Ursache der bisherigen Kurzerkrankungen eine Wiederholungsgefahr in sich tragen müssen. Deshalb sind Fehlzeiten irrelevant, die nach Art der Erkrankung keine Aussagekraft für eine Wiederholungsgefahr haben (beispielsweise ausgeheilt Knochenbrüche). Unerheblich sind nach der Rechtsprechung Fehlzeitenquoten von sechs Wochen im Durchschnitt in den letzten drei Jahren. Kritische Werte sind eine Fehlquote von 25 % bis 30 %. 

Da der Arbeitgeber in der Regel die Ursachen der einzelnen Krankheitszeiten nicht kennt, ist es im Prozess ausreichend, die Fehlzeiten im Einzelnen nach Datum und jeweiliger Dauer in ihrer zeitlichen Abfolge darzulegen. Kennt der Arbeitgeber ausnahmsweise die Ursache, ist entscheidend, ob den Erkrankungen Indizwirkung für die zukünftige Entwicklung der Ausfallzeiten zukommt. Der Mitarbeiter muss dann darlegen, weshalb die Besorgnis weiterer Erkrankungen unberechtigt ist. Es reicht aus, wenn der Mitarbeiter die Indizwirkung bestreitet mit der Folge, dass der Arbeitgeber für die negative Prognose Sachverständigenbeweis anbieten muss. Sofern der Mitarbeiter Krankheitsursachen vorträgt, müssen diese geeignet sein, die Indizwirkung zu erschüttern; beispielsweise ausgeheilte Erkrankung oder eine einmalige Ursache. Der Arbeitgeber muss dann für das Gegenteil wiederum Sachverständigenbeweis anbieten und der Mitarbeiter muss die Ärzte von der Schweigepflicht entbinden. 

3. Krankheitsbedingte Leistungsminderung 

In diesem Fall ist der Mitarbeiter noch arbeitsfähig, kann aber qualitativ oder quantitativ nicht mehr die volle geschuldete Arbeitsleistung erbringen. Die erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen liegt dann darin, dass der Zahlung des vollen Gehalts keine nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen adäquate Arbeitsleistung gegenübersteht. Entscheidend ist, ob die Arbeitsleistung die berechtigten Erwartungen des Arbeitgebers von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen in einem Maße unterschreitet, dass ihm ein Festhalten an dem (un-veränderten) Arbeitsvertrag unzumutbar wird. Nicht ausreichend ist jedoch eine geringfügige Minderleistung und erst recht kein altersbedingter Leistungsabfall. 

Das BAG hat eine Minderleistung von 35 % ausreichen lassen, um die Kündigung zu rechtfer-tigen. Die Schwierigkeit für den Arbeitgeber wird sein, zunächst eine Durchschnittsleistung festzulegen, um dann überhaupt eine Minderleistung darlegen und beweisen zu können.